Heaven

Von Yvonne erreicht mich diese wahnsinnig rührende Geschichte von Heaven:

Wenn wir noch einen Hund vor dem Winter aus Rumänien aufnehmen wollen, dann eine Hündin mit Welpen oder eine tragende Hündin, so war unser Entschluss, im November 2014 als schon die ersten sehr kalten Tage und Nächte in Rumänien über das Land zogen. Wir haben genug Platz, ich kenne mich mit Veterinärmedizin aus und somit, wollten wir (Karsten der tollste Partner der

Heaven geht es schlecht
Heaven geht es schlecht

Welt und Sebastian das tollste Kind der Welt) wenigstens einer Familie das Überleben ermöglichen.

Erst fiel das Los auf Talia, doch kurz darauf stellte sich heraus, sie ist nicht tragend. Dann kam der Hilferuf für eine Hündin, die bis dahin keinen Namen hatte. Wir bekamen ein Foto von ihr. Sie saß verschüchtert und ängstlich in einer Ecke. Ihre rechte Augenhöhle war leer, die Ohren hingen fürchterlich nach unten.  Sie wollte so unscheinbar wirken… Bloß nicht auffallen.

Die einzigen Infos die wir bekamen waren:  sehr ängstlich, beißt, von Hundefängern gefangen, saß im Shelter, ca. 4-5 Jahre alt und tragend. Ein kurzes Gespräch in der Familie, ja sie soll kommen. Doch zuerst braucht sie einen Namen… Heaven. Warum, weiß ich nicht.

Der Transport wurde nicht wie geplant und abgesprochen durchgeführt, sie kamen früher mit ihr. Heaven war mittlerweile hochtragend. Es bestand das Risiko, das Leben ihrer Welpen und das ihre zu verlieren.

Es war vor einem Jahr, als wir sie abholten. Ängstlich wie sie war, wollte und konnte sie nicht aus ihrer Box, also packten wir alles ein. Während der Fahrt, verbündete sich mein Herz mit diesem Wesen. Sie konnte kaum liegen, so dick war ihr Bauch. Sie stank bis zum Himmel, aber sie hatte etwas an sich, das ich magisch fand. Zuhause lag alles bereit, aber sie wollte erstmal nur trinken und fressen. Das Liegen viel ihr so schwer.

 

Vom ersten Moment an konnte und durfte  ich sie streicheln und ihren Bauch berühren. Die Babys traten ordentlich. Immer wieder musste sie hoch und sich anders hinlegen. Ich entschied mich, unsere anderen Hunde nicht zu ihr zu lassen, der Stress war hoch genug.

Ob sie es schafft?
Ob sie es schafft?

Ab diesem Tag blieb ich bei ihr. Tag und Nacht. Das Familienleben fand nur noch minimal mit mir statt.
Den 2. Tag schaute sie sich um, legte sich aber immer wieder. Die Babys strampelten weiterhin schön. Ihr verlorenes Auge sah schlimm aus. Die Augenhöhle war eitrig, doch das war mir zu diesem Zeitpunkt egal, es war erstmal zweitrangig,  sie hatte einfach diese wahnsinnige Magie um sich.

 

Am Montag den 8.12. sagte mir mein Bauchgefühl, dass irgendetwas nicht stimmt. Ich musste sie zum Tierarzt bringen. Doch wie kann man eine hochtragende Hündin anfassen, die schon gebissen hat? Sie war so voller Panik. Ich wickelte sie in eine Decke und nahm sie ganz entschlossen auf den Arm. Wenn Sie gewollt hätte, hätte sie mich in diesem Moment Lebensgefährlich verletzen können, doch sie ließ es zu. Ich redete mit ihr, ihr versuchte ihr zu erklären, dass alles gut werden würde. Mein Puls raste nach oben, spielte dort fangen sie-trinktmit dem Rauschen in meinem Kopf.

 

Beim Tierarzt angekommen trug ich sie ins Behandlungszimmer. Wieder kein Mucks von ihr, nur hecheln und ängstliche Blicke. Es wurde entschieden, einen Kaiserschnitt zu machen, da ihr Körper keinerlei Symptome für eine anstehende Geburt zeigte. Ich blieb bei ihr, bis sie einschlief. Streichelte sie und sagte ihr, dass sie nun in Sicherheit sei. Draußen wartete ich, mit zu viel Zigaretten und zu viel Angst. Ich rief eine Freundin an, um ihr vom Verlauf zu erzählen. 10 Minuten sprachen wir etwa, dann wurde ich reingerufen.

 

Ich habe schon einiges gesehen, aber eine Eihautwassersucht war noch nie dabei. Heaven lag auf dem Tisch, die Bauchdecke war geöffnet, das Beatmungsgerät machte rhytmische Geräusche. Einatmen, Ausatmen. Einatmen, Ausatmen.

 

Der ganze Bauch war voll mit infiziertem Fruchtwasser. Die Welpen lagen in ihren Blasen, teilweise grün… Ich zog meine Jacke aus, desinfizierte meine Hände und im Akkord wurden die Babys geholt. Es musste so schnell gehen, dass alle nur funktionierten, niemand war fähig zu sprechen. Alle liefen abwechselnd zu Heaven und dann mit einem Welpen in den Nachbarraum, wo eine Wärmematte und eine Rotlichtlampe hingen. Einatmen, ausatmen!

 

Nach 4 Welpen kniete ich mich auf den Boden und gab ihnen abwechselnd Kreislauftropfen und rubbelte sie. Die grüne Flüssigkeit kam ihnen aus Nase und Mund. Die Helferinnen liefen weiter hin und her. Einatmen, ausatmen. Das Gerät machte weiter, völlig unbeeindruckt, was hier passierte. Die Kleinen müssen atmen, rief der Tierarzt, aus dem Op. Ich gab alles. Mittlerweile lagen 9 Babys vor mir. Ich rubbelte, ich tropfte, ich habe gebetet. Einatmen, ausatmen!

 

Die ersten Mäuse fingen an, nach Luft zu japsen. Dann einer nach dem anderen… Einatmen, ausatmen.

 

Plötzlich schrie eine Helferin auf, Heaven hörte auf zu atmen… Ich musste bei den Kleinen bleiben, rubbeln und Tropfen. Durch sofortiges Eingreifen des Tierarztes, atmete sie schnell wieder. Gott, sei bei ihr! Helf ihr!

 

Heaven-geht-es-besserIhr Auge wurde vernäht und ihre Zähne sollten noch kontrolliert werden, doch als der Tubus ihre Luftröhre verließ, war Heaven schon am Aufwachen. Sie kämpfte mit aller Macht. Durch diese Infektion hatte ihr Körper keine Milch produziert, aber die Kleinen mussten bald trinken. Ich fuhr los, um Flaschen und Pulver zu holen. In der Tierhandlung muss ich ziemlich verwirrt gewesen sein, denn ich hatte plötzlich alle Aufmerksamkeit auf mich. Schnell zurück zum Tierarzt, die Welpen und Heaven ins Auto packen und sofort Nachhause. Der Tierarzt sagte mir, um Heaven stünde es sehr, sehr schlecht und er würde sie mir mitgeben, damit sie, falls sie es nicht schaffen würde, in einer Familie bei ihren Welpen einschlafen könnte. Es durfte doch nicht so enden!

Die Welpen lagen bei ihr, doch sie war nicht im Stande auch nur ihren Kopf zu heben. Halt durch Süße, du schaffst das! Kämpfe weiter!

nach-der--geburtDie Babys mussten alle 1,5 Std gefüttert werden. Heaven versorgte ich ca. alle 3 Stunden. Sie konnte nicht aufstehen. Sie lag nur da und ließ es zu, wenn ich ihr püriertes Futter in den Mund schob. Ich wollte nicht aufgeben. Immer wieder legte ich ihr die Welpen an den Bauch, damit sie sich rochen, damit sie ihre Babys hörte. Manchmal leckte sie mal eins, aber das war erst nach ein paar Tagen möglich, als sie nicht mehr so kraftlos war. Sie ließ es immer zu, dass ich ihre Babys nahm, sie fütterte oder sie wog. Kein einziges Mal, war sie böse. Ich spielte ihr immer wieder ruhige Lieder vor, denn nach 10 Tagen kam auch ich langsam an meine Grenzen. Jede 2. Stunde füttern, war auch noch sehr anstrengend.

Am 3. Tag verloren wir eins ihrer Mädchen. Ich machte mir so unendlich viele Vorwürfe, versuchte mich bei Heaven zu entschuldigen, doch für sie war es okay. wurfNatürliche Auslese nennt man dieses. Nur die starken und gesunden Welpen schaffen es. Bloß nicht noch eins… Mir wurde so viel Hilfe angeboten, doch ich durfte und konnte sie nicht annehmen, die Kleinen hatten keinen Schutz gegen Bakterien. Also hieß es weiter kämpfen, wir 10 gegen das Schicksal.

Heaven entwickelte sich so toll! Sie konnte sogar ab dem 11. Tag ihre Welpen endlich selbst versorgen, da ihr Körper ein großes Wunder vollbrachte: Sie bekam Milch! Mit dem Tierarzt stand ich täglich in Kontakt, auch er konnte es nicht fassen. Wenn ein

Welpe überlebt, können Sie sehr stolz sein, hatte er gesagt. Sie war eine wundervolle Mama! Sie war eine Kämpferin, eine wunderschöne und magische Hündin. Diese Wochen kommen mir wie Jahre vor, denn jeder einzelne Moment ist so kostbar.

 

liebe-fuer-heavenNachdem ihre Babys nach und nach auszogen, konnte ich mich nun endlich darauf konzentrieren, sie unseren Jungs vorzustellen. Dafür kamen extra Trainer, denn nichts sollte falsch laufen. Es hat nur ein paar Treffen gedauert, bis Heaven und Chance meine Dämme brachen und miteinander durch den Garten tollten. Heaven wurde immer mehr in unsere Familie aufgenommen und sie konnte selbst entscheiden, was sie wollte und was nicht. Ihre Neugierde und ihr Vertrauen zu uns brachten sie dazu, mit uns spazieren zu gehen, in unsere Wohnräume zu kommen und neben uns tief und friedlich zu schlafen. Es war von Anfang an so abgesprochen, dass sie in eine neue Familie vermittelt wird, wenn sie soweit ist, aber all das erlebte… Es hätte mir mein Herz gebrochen, ihr Vertrauen so zu missbrauchen und sie abzuschieben, nicht nach alldem! Somit durfte sie bleiben und unsere Familie bereichern.

 

Nicht eine einzige Sekunde habe ich es bereut, diese damals so ängstliche und von Menschenhand zerstörte Hündin aufgenommen zu haben. Wenn Sie heute über eine Wiese läuft, sich über ihr Essen freut oder vor Freude winselt, weil wir spazieren gehen wollen, dann weiß ich, wir haben alles richtig gemacht. Wir haben dieser Maus und ihren Welpen nicht nur ein Zuhause gegeben, nein, sie haben nun die Chance auf IHR LEBEN! Ich liebe meine Hunde, aber diese Familie hat einen Stellenwert, der unerreichbar ist, für immer!

hundeliebe

Heaven, ich danke Dir!

Liebe Yvonne, vielen lieben Dank für Deine so liebevoll geschriebene und aufregende Geschichte! 

Ihr habt ebenfalls eine Geschichte oder Erlebnis von und mit Eurer Fellnase und wollt diese hier vorstellen? Dann sendet uns diese an kontakt@hund.info und wir veröffentlichen Eure Hundegeschichte gerne!

Teile wenn es Dir gefällt:

Siehe auch

Justice for Burberry – Wie ein Mann seinen Assistenzhund verlor

Dass das Leben mit Hund voller Dramen stecken kann, beweist ein Fall  aus den USA …

Maggie, der wohl älteste Hund der Welt ist gestorben

Vor dem Kauf eines Hundes informieren sich die meisten Interessierten über die Lebenserwartung ihres künftigen …

ein Kommentar

  1. Ein sehr anrührende Geschichte, vielen Dank. Besonders schön ist natürlich, dass die Hündin trotz der Blessuren, die sie von Menschenhand erlitten hat, wieder ein unbeschwertes Leben führen darf. 🙂

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert