Hurraaaaaa, ich koooommeeee!!

Völlig verzweifelt ruft mich Herr Jansen neulich an. „Sie müssen mir bitte helfen. Ich kann mit Felix fast nicht mehr spazieren gehen. Ich muss schon leben wie ein Einsiedler.“
Was Herrn Jansen zu dieser Aussage bringt? Sein Felix, ein ausgewachsener Rottweiler mit einem sehr stolzen Kampfgewicht, stürmt auf alles und jeden beinahe ungebremst zu. Vor allem Menschen fallen in sein Beuteschema. Nein, nicht weil er sie zum Frühstück verzehren will. Felix weiß schlicht und ergreifend nichts von seinem Gewicht und seiner Größe.


Herr Jansen kommt nun zur Einzelstunde und schildert mir, wie Felix zu ihm kam, was sie beide so erlebt haben und wie bzw. was er trainiert hat. Und glauben Sie mir: Zu wenig hat Herr Jansen bestimmt nicht trainiert.
Doch wie kommt es nun zu solch einem Verhalten? Dazu müssen wir in Felix Welpenzeit zurückreisen. Als kleiner 10 Wochen alter Wonneproppen zog Felix vor etwa eineinhalb Jahren bei Herrn Jansen ein. Wohl wissend, dass sein Hund als ausgewachsenes Exemplar bei den Menschen durchaus Eindruck machen kann, war ihm besonders eines wichtig: Kontakt zu Menschen und Artgenossen.
So nutzte Herr Jansen jede ihm zur Verfügung stehende Möglichkeit, Felix Artgenossen und Menschen kennenzulernen. Selbstredend, dass gerade viele – wirklich sehr viele – Menschen von dem kleinen Wonneproppen mit den dicken Beinchen völlig angetan waren. Sie überschütteten ihn mit Streicheleinheiten, liebkosten ihn und übergossen ihn mit einem Schwall an lieben Worten. Felix sprang an diesen netten Wesen hoch, um noch näher an diesem Redeschwall zu sein, noch mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Und die bekam er.
Herr Jansen war verzückt zu sehen, dass Felix so freundlich auf jeden Menschen zuging (genauer gesagt: zurannte) und glaubte damit fest, einen guten Grundstein dafür zu legen, dass die Menschen auch vor dem erwachsenen Felix keine Angst haben.
Fataler Denkfehler….. Im Alter von einem halben Jahr fanden die Menschen das freundliche Anspringen des Rottweilers nicht mehr ganz so spaßig. Und die Begeisterung wurde immer weniger…. Verständlich, wenn man Angst haben muss, von 55kg umgewuchtet zu werden.

Rottweiler - Entwicklung
Jeder Welpe wird einmal groß


Wer einen Welpen hat, tut wirklich gut daran, ihm von Anfang an zu lernen, dass die Menschen nicht als Sprungwand da sind und auch nicht bestiegen werden wollen. Schließlich wird der kleine Wonneproppen auch irgendwann einmal groß und spätestens dann ist die Freude auf Seite des „Begrüßten“ nicht mehr ganz so riesig. Aber auch die Menschen müssen leider seitens des Hundehalters „erzogen“ werden. Bitten Sie sie, Ihren Welpe in Ruhe zu lassen. Viel zu schnell lernt der kleine Zwerg, dass jeder Besuch für ihn ist, jeder Spaziergänger nur ihn beknuddeln will. Wie wir nun ja wissen, kann das im Erwachsenenalter des Hundes unter Umständen ein mehr oder minder großes Problem werden…

Dies ist die Kolumne von Alexandra Sigmund-Wild, ausgebildete und geprüfte Hundetrainerin (Webseite: www.vontierzudir.de) bei Hund.info – Weitere Beiträge findest Du zukünftig hier: https://hund.info/kolumnen/sigmund-wild

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