Was will der Hund uns lernen

Gib den Menschen einen Hund
und seine Seele wird gesund!
– Hildegard von Bingen –

Hildegard von Bingen hat es wirklich sehr schön ausgedrückt. Ich pflege immer zu sagen: „Jeder bekommt den Hund, den er braucht.“ Vielleicht weniger romantisch formuliert, jedoch vom Sinn her gleich.
Hunde, Spiegel unserer Seele, können im Menschen viel bewirken. Sie können Seelentröster sein, Wegbereiter, Lehrer und vieles mehr. Wie ich das meine? Das lässt sich an Beispielen leicht zeigen. Vielleicht mag der eine oder andere denken, das alles sei esoterischer Humbug. Dem sei geantwortet: „Jeder darf für sich entscheiden, wie er das sehen möchte.


Das erste Beispiel haben wir selbst erfahren. Es war unsere Goldihündin, die für uns rückblickend ein Wegbereiter war. Durch ihre Epilepsie, die sie mit zwei Jahren bekam, änderte sich für uns der Lebensweg um 180 Grad. Die Krankheit unserer Hündin verlangte der ganzen Familie sehr viel ab. Es war ein Leben wie auf heißen Kohlen – ständig die Angst, es könnte ein epileptischer Anfall auftreten oder sogar ein Anfall, aus dem sie nicht mehr herauskommt. Viele, viele, unendlich viele Tierarztbesuche brachten keinerlei Besserung und so lernten wir mit dieser Krankheit leben. Für uns kam nie in Frage, den ansonsten munteren und fröhlichen Hund einzuschläfern. Wir haben nichts unversucht gelassen, verschiedenste Tierärzte, die mit den verschiedensten Methoden arbeiteten, aufgesucht, selbst nach Lösungen und alternativen Wegen geforscht. Es würde zu weit gehen, hier den ganzen Weg aufzuzeigen, der letztendlich dazu führte, heute dem nachzugehen, das uns große Freude macht: die Arbeit mit Mensch und Hund. Unsere Goldihündin verließ uns dann auch genau zu dem Zeitpunkt, als der neue Weg eingeschlagen war und wir bereit waren ihn zu gehen. Wäre sie nicht bei uns gewesen, wären wir NIEMALS diesen Weg gegangen. Dafür sind wir dieser Seele sehr, sehr dankbar.

Oft erkenne ich im Training allein schon am Hund bzw. dessen Verhalten, welche „Probleme“ der Mensch, der an der Leine ist, in seinem Leben meistern muss. Da gibt es Menschen, die es nicht schaffen, ihren Hund zu „bändigen“, ihm klare und friedvolle Grenzen zu setzen. Wie oft schon wurde meine Frage, ob sie im privaten Leben zu oft „ja“ sagen, obwohl sie lieber verneint hätten, bejaht. Meine Antwort darauf: „Sieh dir das Geschenk am Ende der Leine an. Genau das zeigt dir dein Hund. Du darfst „nein“ sagen lernen. Wirklich nein. Sodass andere deine Grenzen wahren und anerkennen.“

Dann wiederum gibt es Menschen, deren größte Freude es ist, ihrem Hund Freiheit zu schenken. Von einem sicheren Rückruf weit entfernt genießen sie es, ihrem Hund beim Laufen über die Felder zuzusehen. Für sie ist das das größte Geschenk. Die Leine, eigentlich eine Verbindung zum Partner Hund wird dagegen verteufelt und als absolute Einschränkung angesehen. Könnte es denn sein, dass gerade solche Menschen selbst nach Freiheit in ihrem Leben suchen?

Auch nicht selten: Die „Helikopter-Hunde-Eltern“ Sie versuchen ihrem Hund Wünsche von den Augen abzulesen, noch bevor der Hund diesen Wunsch eventuell selbst hätte haben können. Was ist es, was
ihnen in ihrem Leben fehlt? Vermissen sie selbst vielleicht das „Umsorgtwerden“ durch jemand anderen?

Wieder andere haben einen Hund, der sie schier ohne Unterlass bepöbelt. Er beißt in die Leine, springt am Hundehalter hoch, zwickt in die Hose usw. Was will dieser Hund wohl seinem menschlichen Freund sagen? Nein, er stänkert nicht aus reiner Boshaftigkeit. Sein Stänkern ist entweder die Reaktion auf eine missverstandene Kommunikation oder eventuell eben eine „Lernaufgabe“ für den Menschen. Oft genug schaffen es entsprechende Hundebesitzer nicht, ihrem Hund mitzuteilen, dass sie das nicht wollen, können ihren Hund nicht zur Ruhe bringen. Wo im Leben könnte das noch sein? Wo schaffen sie es auch nicht, sich solche „Pöbler“ vom Leib zu halten?

Vielleicht ist manches sogenannte Fehlverhalten unserer Hunde weitaus mehr als ein eben nicht erwünschtes Verhalten. Vielleicht zeigen sie uns mit ihrem Verhalten etwas, was wir lernen dürfen. Vielleicht ist es auch nur reine Ungezogenheit und Grenzenlosigkeit. Jeder darf das für sich selbst entscheiden…

 

Dies ist die Kolumne von Alexandra Sigmund-Wild, ausgebildete und geprüfte Hundetrainerin (Webseite: www.vontierzudir.de) bei Hund.info – Weitere Beiträge findest Du zukünftig hier: https://hund.info/kolumnen/sigmund-wild

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3 Kommentare

  1. Danke, Frau Sigmund-Wild, für diesen schönen Beitrag!

    Man sagt, Tiere hätten kein Bewusstsein, da sie sich nicht selbst im Spiegel erkennen würden. Doch der Mensch erkennt sich selbst und sein eigenes Handeln oft nicht. Er kann und sollte daran arbeiten. Die Tiere können ihm dabei helfen.

  2. Korrektur meines vorigen Kommentars
    Es sollte heißen: „…da sie sich selbst nicht im Spiegel erkennen würden…“

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