Das Aujetzki-Virus gilt unter Jägern und Hundebesitzern als besonders gefürchtet. Infiziert sich der eigene Hund, kommt es zu einem recht zügigen und meist qualvollen Tod. Viele Tiere müssen zuvor beim Tierarzt eingeschläfert werden. Und wenngleich das Virus für den Menschen nicht gefährlich ist, sollte nun nach dem Nachweis von Antikörpern bei einem Wildschwein in Niedersachsen besondere Vorsicht gelten.
Der aktuelle Fall
Nahe Soltau in Niedersachsen wurden vor Kurzem im Rahmen einer Routineuntersuchung von Blutproben bei einem Wildschwein Antikörper gegen das Aujetzki Virus gefunden. Lange Zeit war es vor Ort ruhig um die Erkrankung, die dennoch viele Wildschweine betrifft. Die Veterinärbehörden im Kreis riefen Hundehalter und Jäger dazu auf, besonders vorsichtig zu sein, um ihre Hunde zu schützen.
Schon Januar des vergangenen Jahres berichteten Medien über einen Fall aus dem Landkreis Landshut. Hier hatte sich ein Hund mit dem Virus infiziert und wurde kurz darauf eingeschläfert.
Was ist Pseudowut?
Die Pseudowut trägt viele Namen. Offiziell benannt wurde sie nach Aladár Aujetzki, einem Tierarzt aus Ungarn, Bezeichnungen wie Juckseuche, Mad Itch, Tollkrätze oder auch Pseudorabies sind ebenfalls gebräuchlich. Der eigentliche Wirt des Virus ist das Wildschwein, weswegen Schätzungen zufolge in einigen deutschen Regionen zwischen zehn und dreißig Prozent des Bestandes das Virus in sich tragen.
Bei Wildschweinen jedoch führt eine Infektion für gewöhnlich nicht zu einer akuten Erkrankung mit Todesfolge, sondern verläuft latent. Das bedeutet, dass sich das Virus, das zur Gattung der Herpesviren gehört, im Körper der Schweine zurückzieht und lebenslang dort verweilt. Gerät ein Schwein unter Stress, oder ist sein Immunsystem anderweitig geschwächt, kann es zur Reaktivierung des Virus kommen, das dann auch wieder ausgeschieden wird. Eine Ansteckung mit dem Virus ist nur dann möglich, wenn der Erreger reaktiviert wird, jedoch nicht beim latenten Verlauf.
Der aktuelle Fall sagt also nicht aus, dass das Aujetzki Virus rund um Soltau gänzlich neu ist. Es könnte auch sein, dass das betroffene Schwein einer Stresssituation ausgesetzt war und die latente Infektion bereits seit Langem besteht. Stress bei Wildschweinen kann selbstverständlich aus verschiedenen Gründen entstehen, ob eine Gefahrensituation durch Bejagung bei besagtem Tier eine Rolle spielt, lässt sich jedoch nicht sagen. Auch könnte es eine anderweitige Infektion erlitten haben, die das Immunsystem geschwächt hat.
Eine Gefahr stellt das Aujetzki Virus für Hunde, Wölfe, Rinder, Schafe und Katzen dar. Infizieren sie sich mit dem Erreger – das geschieht in aller Regel durch direkten Kontakt mit einem Träger des Virus oder infizierten Ausscheidungen und Gegenständen – zeigen sie Anzeichen einer akuten Entzündung von Rückenmark und Gehirn. All diese Tiere sind als infizierte Fehlwirte jedoch zu keiner Zeit dazu in der Lage, Artgenossen zu infizieren, da sie das Virus nicht ausscheiden.
So kommt es zu einer erheblichen Beschädigung des zentralen Nervensystems, die sich durch Symptome wie:
- Benommenheit,
- Apathie,
- Orientierungsverlust,
- Appetitlosigkeit,
- Unruhe,
- Angstzustände,
- Atemnot,
- starkes Speicheln,
- Erbrechen,
- körperlichen Kontrollverlust,
- extremen Juckreiz
äußert. Es kann jedoch auch sein, dass die Krankheit sehr schnell voranschreitet. Dann tritt bereits nach dem Auftreten erster Symptome der Tod ein.
Was sollten Hundehalter nun beachten?
Natürlich ist nicht bekannt, ob noch weitere Wildschweine eine reaktivierte Form des Aujetzki-Virus durchmachen und den Erreger infolgedessen ausscheiden. Dennoch sollten Hundehalter in der kommenden Zeit und auch darüber hinaus besondere Vorsichtsmaßnahmen treffen. Diese sind:
- Das Führen an der Leine im Wand oder am Waldrand,
- ausschließliches Spazieren auf befestigten Wegen,
- die Vermeidung von Direktkontakt mit Wildschweinen,
- absoluter Verzicht auf das Verfüttern von rohem Schwarzwild- und Schweinefleisch (Aufbruch) an den Hund.
Für Jäger gilt, dass sie keinen Aufbruch und keine Wildschwein-Reste im Wald liegen lassen dürfen. Das ist jedoch ohnehin nicht üblich, denn hierdurch können sich auch weitere Erkrankungen wie die Afrikanische Schweinepest verbreiten. Auch sollten Jäger all ihre Werkzeuge und Kleidungsstücke regelmäßig desinfizieren und den Jagdhund nicht in die Nähe von Schwarzwild gelangen lassen. Hundehalter, die nicht jagen und dennoch im Wald unterwegs sind, müssen unbedingt Abstand zu den sogenannten „Luderplätzen“ halten, die Jäger einrichten, um das Wild anzulocken und besser bejagen zu können.